Anerkennung von Arbeit in der Gesellschaft mit Bedingungslosem Grundeinkommen

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Als Menschen brauchen wir alle Anerkennung, wir sind soziale Wesen und ohne zwischenmenschliche Beziehungen verkümmern wir.
Ein wichtiger Weg, in unserer Gesellschaft Anerkennung und sozialen gesellschaftlichen Status zu erlangen, ist der Beruf. Es gibt noch viele weitere Formen der Arbeit, die mit deutlich weniger Anerkennung einhergehen. Ein Anliegen von Grundeinkommensbefürwortern ist es, diesen anderen Formen der Arbeit einen besseren Stellenwert zu verleihen. Dieses Ziel teile ich.


Wer für die Entkopplung von Existenzsicherung und Erwerbsarbeit eintritt, gerät schnell in den Ruf der Gleichmacherei (ist BGE Sozialismus?) und der Abwertung von beruflicher Identität. Das ruft Gegner auf den Plan. Eigentlich leicht nachvollziehbar, denn wer verzichtet schon gerne auf eine (mehr oder weniger zuverlässige) Quelle von Anerkennung. Dabei nur auf die Unsicherheit dieser Quelle im Zuge der Digitalisierung zu verweisen, reicht nicht.

Ich möchte deswegen an dieser Stelle einmal in aller Deutlichkeit klarstellen, dass durch die bedingungslose Zahlung eines Grundeinkommens an jeden nicht der Arbeit der Wert abgesprochen werden soll. Leistung, insbesondere auch berufliche Leistung, soll und wird auch weiterhin sowohl mit Geld als auch mit Status anerkannt werden. Es ist nicht das Ziel des Grundeinkommens, daran etwas zu ändern.

Was das Grundeinkommen macht, ist etwas anderes, es sichert die Existenz ab und reduziert dadurch, dass es für alle ausgezahlt wird, die Scham der Bedürftigkeit und Armut. Scham ist ein gesellschaftlich recht wenig beachtetes Gefühl, aber die Ursache sowohl vieler psychischer Erkrankungen als auch von kollektivem Hass und Wut, die sich dann zum Beispiel im Rechtsextremismus zeigen. Dafür, daran etwas zu ändern, sehe ich eine ziemlich dringende Notwendigkeit.

Zum anderen ermöglicht es die Ausweitung der anerkannten Arbeit über diejenige, die die Existenz sichert, hinaus und bezieht Familienarbeit, Ehrenamt und alle anderen atypischen Formen der Arbeit mit ein.
Ein Grundeinkommen soll Existenz und Teilhabe auf würdevolle Weise sicherstellen, es soll nicht alle anderen Arten von Einkommen ersetzen.

Deswegen lege ich auch Wert auf den Unterschied zwischen den Fragen: „was würdest du tun, wenn für ein Grundeinkommen gesorgt ist?“ im Unterschied zu „what would you do if your income is taken care of?“. Letztere Formulierung suggeriert nämlich, dass das komplette Einkommen sozialisiert wird, und das widerspricht tatsächlich dem Bedürfnis nach Anerkennung von Leistung.

Die Frage „was machst du?“ wird auch weiterhin mit der Berufsbezeichnung beantwortet werden können, aber eben nicht nur. Ich halte diesen Punkt für sehr wichtig, weil mir gegenüber immer wieder Sorgen geäußert werden, dass durch das Grundeinkommen Arbeit an Wert verlieren könnte. Das sollte meines Erachtens nicht so sein. Die moralische Frage danach, „wie bringst du dich positiv in die Gesellschaft ein?“ von anderen genauso wie auch die Frage an sich selbst danach, was dem eigenen Leben Sinn verleiht, bleibt bestehen. Das ist psychologisch auch ohnehin kaum zu umgehen, da wir nur durch Sinngebung das Wissen um die eigene Endlichkeit erträglich machen können. Und natürlich auch gesellschaftlich, denn wir wollen ja auch weiterhin, dass erforderliche Aufgaben erledigt werden.

Ich mache mir auch trotz Digitalisierung keine Sorgen darum, dass es genug Aufgaben für alle gibt. Denn überall, wo Menschen sind, besteht auch Bedarf an gegenseitiger Versorgung (care Arbeit) und Bereicherung (Kulturarbeit), ganz egal wie wirtschaftlich strukturschwach eine Region auch sein mag. Weil wir viele dieser Aufgaben aber nicht so bezahlen können, dass davon die Existenz gesichert wird, muss ein Teil der Gewinne aus Wertschöpfung in Form eines Grundeinkommens an alle verteilt werden, egal ob sie von Robotern oder Menschen hervorgebracht wurden.

Genauso wie ein Kind sowohl die bedingungslose Liebe braucht wie auch die Anerkennung von Erlerntem und Geleisteten, brauchen wir das als Erwachsene auch noch: Ein Grundeinkommen bedingungslos und darüber hinaus Anerkennung von Leistungen. Geld ist dabei ein etablierter Weg diese Anerkennung zu zeigen, alternative Formen der Gratifikation können und sollten ausgebaut werden und im Zuge eines länger andauernden Gewöhnungsprozesses auch immer wichtiger werden.

Existenz ist nicht alles, aber ohne Existenz (und das dafür erforderliche Geld) ist alles nichts.

2 Kommentare

  1. Ich vertrete ja die Auffassung, dass das Menschenbild, das hinter dem Bedingungslosen Grundeinkommen steht, genau dem Bild entspricht, dass der christliche Glaube aus der Bibel heraus liest. Von der bedingungslosen Liebe Gottes zu den Menschen, wie sie Paulus vertreten hat und Martin Luther, führt eine direkte Linie zum BGE als inneres Prinzip des Verhältnisses von Tätigkeit, Leistung und Auskommen. Ein Grundsatzartikel von mir findet sich unter diesem Link:
    https://blog.matthias-jung.de/2012/12/01/bedingungslos-geliebt-leistung-zwischen-vorschuss-und-bewahrung/

  2. In der Bibel kann man vieles Lesen, das wissen Sie besser als ich. Genauso wie die bedingungslose Liebe, wird da ja auch die protestantische Arbeitsethik hergeleitet. In wieweit die Kirche als Institution eher des Patriarchat anhängt, oder doch gewillt ist, dem Einzelnen Verantwortung und Freiheit zu überlassen, ist grade in Bezug auf das Grundeinkommen eine spannende Frage.

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