Gönnen können

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„Man muss auch mal ’nen Job annehmen, den man nicht mag, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen,“ ist ein Satz, den ich in der Diskussion um das Bedingungslose Grundeinkommen immer wieder höre.

Dazu fällt mir zweierlei ein. Zum einen geht es um den Kompromiss, ob man für eine bestimmte Summe Geld bereit ist, einer vielleicht ungeliebten Tätigkeit nachzugehen, um sich dann etwas leisten zu können, was man sich sonst nicht kaufen könnte. Diesen Kompromiss wird man auch mit Grundeinkommen noch machen. Nur das man eben nicht mehr unter Androhung von Verlust der Würde und Existenz dazu gezwungen werden kann, einer solchen Arbeit/Aufgabe nachzugehen.


Der andere Punkt bezieht sich auf denjenigen, der diese Aussage macht. Immer wieder stelle ich fest, dass genau die Leute, die den oben genannten Kompromiss eher zähneknirschend machen, finden, dass andere das auch tun sollten. Es hat etwas mit „gönnen können“ zu tun. Es fällt viel leichter, anderen etwas zu gönnen, wenn man sich selbst auch etwas gönnt.

Es fällt auch viel leichter, emphatisch zu sein, wenn es einem selbst gut geht. Deswegen war einer der wichtigsten Aussagen in meiner Ausbildung zur Psychotherapeutin auch, „der Therapeutin muss es immer mindestens ein bisschen besser gehen, als der Patientin. Sonst können Sie nicht wirksam arbeiten“.

Gönnen können hat also auch etwas mit sich selbst gönnen können zu tun. Genauso wie die bedingungslose Liebe mit der Selbstliebe verknüpft ist. Und die eigene Existenzsicherung etwas mit dem Leben lassen der anderen.

Hass, Terror und Gewalt haben ihren Ursprung im eigenen Leid. Der Schweizer Psychoanalytiker Arno Gruen bringt es gut auf den Punkt, wenn er sagt: die eigenen ungeliebten/ungelebten und oft abgespaltenen und verdrängten Anteile werden auf das Gegenüber projiziert und im Fremdenhass ausgedrückt.

Mit bloßen Worten der Vernunft kommt man da nicht gegen an. All die Menschen, die von Wut und Hass im Inneren zerfressen sind, brauchen eigentlich bedingungslose Liebe. Es wird ihnen aber sehr schwer fallen, diese Liebe anzunehmen, und es wird auch sehr schwer, diese Liebe zu geben. Wesentlich einfacher wäre es, zumindest erst mal, mit einer bedingungslosen Existenzsicherung anzufangen. Die kann sogar der Staat bereit stellen in Form eines Grundeinkommens. Zur Sicherung des sozialen und politischen Friedens. Zum Ermöglichen von Gönnen können und Liebe.

Dieser Artikel ist aus dem Januar 2017 und wurde hier nach Überarbeitung erneut veröffentlicht.