In einer reichen Gesellschaft wie der deutschen ist Kinderarmut eine Schande. Kinderarmut widerspricht dem Prinzip der Menschenwürde ebenso wie der Idee von Chancengerechtigkeit. Außerdem ist Kinderarmut teuer. Die gesellschaftlichen Folgekosten durch psychische Erkrankungen, “gescheiterte Biographien”, Kriminalität und erforderliche Sozialleistungen sind hoch. Noch größer ist der Schaden durch ungenutztes innovatives, kreatives, intellektuelles und soziales Potenzial.
Der heutige Flickenteppich an Sozialleistungen für Familien und Kinder vermag daran wenig zu ändern. Viele Leistungen werden gar nicht abgerufen, weil sie unbekannt sind, zu kompliziert zu beantragen oder stigmatisiert. Aktuell gelten in Deutschland 2,8 Millionen Kinder als arm – das ist jedes 5. Kind.
Das Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG existiert seit 2009. Ihm gehören vierzehn Verbände und dreizehn Wissenschaftlerinnen an. Es setzt sich für eine Kindergrundsicherung ein, die allen Kindern das sächliche Existenzminimum in Höhe von 399 Euro als unbürokratische Leistung garantiert. Darüber hinaus soll ein Betrag in Höhe von 220 Euro für Bildung, Betreuung und Erziehung gezahlt werden. Die Grundsicherung soll mit dem Grenzsteuersatz des elterlichen Einkommens versteuert werden. Somit erhält jedes Kind mindestens ca. 300 Euro. Je niedriger das Familieneinkommen ist, desto höher fällt der Betrag der Kindergrundsicherung aus.
Kinderfreibetrag, Kindergeld, Kinderzuschuss und alle weiteren pauschal bemessenen Transfers sollen dadurch ersetzt werden, Sonder- und Mehrbedarfe bleiben unverändert.
Nach Grünen und LINKEN plant nun auch die SPD ein entsprechendes Konzept. Die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles erhofft sich damit, Deutschland zum kinderfreundlichsten Land zu machen.
Die Skepsis, dass dieses Geld von den Eltern nicht für die Kinder ausgegeben werden würde, konnte inzwischen durch eine Studie der Bertelsmann-Stiftung entkräftet werden: “Kinder profitieren von direkten staatlichen Geldtransfers wie dem Kindergeld. Entgegen bestehender Vorurteile werden diese sogenannten Direktzahlungen von den Eltern in der Regel nicht zweckentfremdet – und etwa für Alkohol, Tabak oder Unterhaltungselektronik ausgegeben. Sie werden vielmehr in größere Wohnungen, aber auch in bessere Betreuung, Bildung und in die Hobbys der Kinder investiert.”
Dass die Finanzierung einer Kindergrundsicherung relativ einfach möglich wäre, zumindest für das sächliche Existenzminimum, zeigt eine Untersuchung von Jun.-Prof. Dr. Christian Breuer, Mitglied im Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ beim Bundesministerium der Finanzen.
Die Kindergrundsicherung ist nicht nur ein wirksamer Schritt gegen Kinderarmut, sondern kann auch als erster Schritt in Richtung eines Bedingungslosen Grundeinkommens gesehen werden. Schon das heutige Kindergeld ist an keinerlei Verpflichtungen geknüpft, nur die Höhe reicht noch lange nicht zum Leben. Das würde sich mit der Kindergrundsicherung zumindest bis zur Höhe des heute willkürlich festgelegten Existenzminimums für Kinder ändern.